Verein des Monats Mai 2024: IG Optische Telegraphie in Preußen OT4

Seit 2009 ist die ehemalige Station No. 4 der königlich-preußischen optischen Telegraphen-Linie zwischen Berlin und Koblenz (1832–1849) am ursprünglichen Standort auf dem Potsdamer Telegrafenberg zu besichtigen. Von April bis September demonstrieren Mitglieder der Interessengemeinschaft „Optische Telegraphie in Preußen OT4“ die Funktion des originalgetreuen, funktionstüchtigen Nachbaus der Signalanlage. Für dieses Engagement stellen wir die Interessensgemeinschaft OT4 als Kulturerbenverein des Monats Mai vor.

Zum Saisonstart am 28. April 2024 empfingen Dr. Ludwig Grunwaldt, Maria Stolz und Prof. Dr. Hans-Jürgen Paech interessierte Besucher. Beide Herren waren als Wissenschaftler vor und nach der Wende auf dem Telegrafenberg tätig. So arbeiteten Dr. Grunwaldt zuletzt am Helmholtz-Zentrum Potsdam/Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ/Sektion Globales Geomonitoring und Schwerefeld und Dr. Paech als Polarforscher am Alfred-Wegener-Institut. Maria Stolz lernten die Potsdamer Telegraphenfreunde bei einer Telegraphenreise ins Weserbergland 2010 kennen. Dort befindet sich in Linnenkamp auf dem Holzberg die Station No. 27. Als Gästeführerin zeigte Stolz den Potsdamern die Grabplatte einer Telegraphistenfrau, die 1834 im Kindbett starb. Dr. Grunwaldt blieb im Kontakt mit ihr. Aus Freundschaft wurde Liebe. Vor einigen Jahren ist sie nach Potsdam gezogen und beide engagieren sich nun gemeinsam für die OT-Station No. 4 auf dem Telegrafenberg.

Gipfelkreuz mit sechs Flügeln

Signalanlage OT4 und Kinder-Telegraph (vorn)

Die Telegraphenstation No. 4 befindet sich auf der Kuppe des Potsdamer 96,5 Meter hohen „Bergs“ im Wissenschaftspark „Albert Einstein“. Sie ist eine von 62 Stationen auf der rund 600 Kilometer langen Strecke zwischen Berlin und Koblenz. Die insgesamt sechs Flügel (Indikatoren) am 6,30 Meter hohen Mast einer jeden Telegraphenstation konnten in Stellungen von 45°, 90° und 135° geschwenkt werden. Durch Kombination aller möglichen Varianten in den drei Ebenen A, B und C war die Verschlüsselung von 4.096 Zeichen möglich. Diese konnten einzelne Buchstaben und Zahlen, aber auch Silben, Wörter oder ganze Sätze bedeuten. Der militärische Code war streng geheim und konnte nur an den Endpunkten der Linie chiffriert und gelesen werden.
Den Mitgliedern ist es ein besonderes Anliegen, der heutigen Generation sowohl die Technologie dieser ersten wichtigen Telekommunikations-Strecke in Deutschland als auch die Einordnung in das damalige politische Geschehen anhand des Inhalts bekannt gewordener Depeschen (Telegramme) zu vermitteln. So war zum Beispiel eine Depesche mit 30 Wörtern am 17.03.1848 rund eineinhalb Stunden unterwegs. Vermutlich hätte ein Kurierdienst zu Pferde zwei bis drei Tage benötigt.
Zur Veranschaulichung für Jugendliche wurde ein mobiler Kinder-Telegraph gebaut, an dem die Smartphone-Generation mit dem Signalschrift-Alphabet den Anfangsbuchstaben ihres Namens einstellen kann.

Erster historisch-technischer Themenradweg wurde 2022 eingeweiht

Die Idee zur Beschilderung des 62 Stationen umfassenden Telegraphenradweges wurde in der linienweiten Interessengemeinschaft „Optische Telegraphie in Preußen“, ein Zusammenschluss aktiver Telegraphenfreunde, 2007 geboren. Mit der Beschilderung des Telegraphenradweges wurde in Sachsen-Anhalt begonnen und ein Internetauftritt entwickelt. Mit der Umsetzung in Berlin und Potsdam geht es bislang nicht voran. Zur Beschilderung auf Potsdamer Stadtgebiet wurde jetzt eine Anfrage an die Stadtverwaltung gestellt. Die Telegraphenfreunde erwarten konkrete Schritte zur Realisierung, um dieser Pionierleistung der Nachrichtentechnik ein würdiges Denkmal zu setzen.

Interessierte können ihre Radtour auf dem ersten historisch-technischen Themenradweg von Berlin bis Sachsen-Anhalt bereits mithilfe einer Broschüre planen und die Besonderheiten der geschichtsträchtigen Natur- und Kulturlandschaft entlang der Route aufnehmen.

Broschüre: „Auf den Spuren der optischen Telegraphie im Land Brandenburg“. IG Optische Telegraphie, 2022. ISBN 978-3-943463-20-0
Weblinks: https://www.optischertelegraph4.de/radweg/ | http://www.telegraphenradweg.de

Führungen werden von den Mitgliedern jeweils am letzten Sonntag in den Monaten April bis September von 14 bis 17 Uhr angeboten.

Optischer Telegraf, Nachbau, Potsdam Telegrafenberg. Fotos: Adam Sevens und Benjamin Maltry. Potsdam Museum – Forum für Kunst und Geschichte

IG Optische Telegraphie in Preußen OT4

Die Interessengemeinschaft IG „Optische Telegraphie in Preußen OT4″ gründete sich mit dem Ziel, die ehemalige königlich-preußische optische Telegraphen-Linie zwischen Berlin und Koblenz (1832–1849) für die heutige Generation erlebbar zu machen. Das betrifft sowohl die Technologie dieser ersten wichtigen Telekommunikations-Strecke in Deutschland als auch die Einordnung in das damalige politische Geschehen anhand des Inhalts bekannt gewordener Depeschen (Telegramme). Ein großer Erfolg war die Einweihung des originalgetreuen, funktionstüchtigen Nachbaus der Signalanlage im Juni 2009 am ursprünglichen Standort der ehemaligen Station No. 4 der Linie auf dem Potsdamer Telegrafenberg.
Nach 160 Jahren schwenkte der Telegraph Nr. 4 wieder seine Flügel! Führungen werden durch unsere Mitglieder regelmäßig an jedem letzten Sonntag im Monat von April bis September in der Zeit von 14 bis 17 Uhr angeboten.

Der Internetauftritt der IG informiert umfassend über die historische Telegraphen-Linie und vermittelt zusätzliche Informationen zu allen Stationen zwischen Berlin und Koblenz. Aktuell engagiert sich die IG u.a. bei der Umsetzung des geplanten Telegraphen-Radwegs Berlin-Koblenz mit seinem Teilstück in Brandenburg und Berlin. Entlang dieses Radweges soll man sowohl die Standorte der ehemaligen Stationen aufsuchen als auch touristische Entdeckungen in Städten und kleinen Ortschaften machen können.

Das Teilstück zwischen Potsdam und Zitz wurde bereits ausgeschildert und im Juni 2022 eingeweiht. Damit ist der Anschluss an den Telegraphen-Radweg in Sachsen-Anhalt erreicht.

Gründung: 2006
Mitglieder: 10
Ansprechpartner: Ludwig Grunwaldt
E-Mail: ot4-potsdam@gmx.de
Internet: https://www.optischertelegraph4.de

Optischer Telegraf, Nachbau, Potsdam Telegrafenberg. Fotos: Adam Sevens und Benjamin Maltry. Potsdam Museum – Forum für Kunst und Geschichte